Mal ehrlich: Kaum etwas hat in letzter Zeit so viel entnervtes Augenrollen produziert wie die EU-DSGVO und das Bemühen, sie als (kleines) Unternehmen gehorsam und richtig umzusetzen. Heldenhaft fieseln wir uns durch das Regelwerk, das nicht einfach zu durchschauen ist und bis heute Fragen aufwirft, von denen viele noch nicht abschließend gelöst werden können. Anwälte stehen uns beratend und schulend zur Seite, was den laufend datenschutzkonformen Umgang mit Kundendaten betrifft. Zum Beispiel bei der Verarbeitung und Speicherung neuer Kontakte, bei Emails, in Marketingkampagnen usw. Eine große Baustelle waren auch unsere Websites, deren bisher so praktische Funktionen diskutiert werden mussten: Ob und wie passt man sie an, wie sieht eine konforme Datenschutzerklärung aus oder ist es teils besser, einige Inhalte und Funktionen radikal einzuschränken? All das, damit bloß keiner Aua! schreit oder abmahnt, wie es die Medien apokalyptisch als „Welle“ für die „finstere Zeit nach dem 25. Mai“ prognostizierten.
DSGVO: Fragen und Zweifel sind normal
Während der Umsetzung der neuen Verordnung beschäftigten uns wie so viele andere Fragen wie: Wird uns das Thema Datenschutz in unserem Geschäft zurückwerfen und es uns in Zukunft erschweren? Oder werden wir, nachdem wir uns unseren ganz eigenen Trampelpfad durch den Dschungel der DSGVO gebahnt haben, schon bald gelassen auf dieses „Drama“ zurückblicken? Gut möglich auch, dass da nochmal ganz dickes, „gefährliches“ Gestrüpp auf uns wartet, das uns in unserem täglichen Tun tatsächlich einschränkt und behindert. Doch bis wir diese Fragen und Zweifel abschließend beantworten können, gilt:
Wir sind optimistisch. Aus mehreren Gründen.
Erstens: Vieles an der EU-DSGVO ist weit auslegbar und, dank sei der „europäischen Größenordnung“, unscharf formuliert, was jedem zu Gute kommen dürfte, der, z.B. als Einzelperson oder kleines Unternehmen nicht mit Standardmaß zu messen und zu bewerten ist. Wo die Straße nicht fertig gebaut ist, haben selbst gemachte Trampelpfade ihre Berechtigung - solange sie zum Ziel führen und nicht grob vom Weg abweichen. Wichtig ist, dass man sich für Datenschutz (neu) sensibilisiert und für das Unternehmen einen Plan geschaffen hat, um Transparenz und Sicherheit von personenbezogenen Daten zu wahren. 15-20 % der Verordnung, so kürzlich ein Artikel in der IT-Business, sind aktuell rein technisch gar nicht umsetzbar. Und „selbst Anwälte sind ratlos über die DSGVO“ titelte kürzlich kein geringeres Medium als die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die zeigte in dem dazugehörigen Artikel auf, dass die vielfältigen Möglichkeiten der Auslegung derzeit sogar die befürchtete flächendeckende Abmahnerwelle einigermaßen eindämmen.
Zweitens: Für unser Geschäft gilt schon immer der Grundsatz „Qualität vor Quantität“. Als kleines Unternehmen, als Berater, Trainer und Dienstleister sind wir stark auf gewachsene Partnerschaften, persönliche Beziehungen und kleine originelle Marketing- bzw. PR-Maßnahmen angewiesen. Das heißt nicht, dass wir nicht über eine Vielzahl von Kundendaten verfügen, welche wir sorgsam pflegen und schützen. Aber: Personenbezogene Daten in ihrer Vollumfänglichkeit und in großer Masse zu erfassen und zu besitzen – das ist für uns nicht geschäftskritisch. Denn wir leiten vertriebliche Aktionen nicht aus automatisch generierten Datenanalysen ab. Schmeißen nicht mit Massen-Mailings zu Standardprodukten um uns, in der Hoffnung, dass irgendwer auf „Anmelden“ oder „Kaufen“ klickt. Für die Leadgenerierung spielen solche Aktionen, für die Daten in großem Maßstab gesammelt und ausgewertet werden müssen, bei uns kaum eine Rolle. Denn um unsere Trainings- und Beratungsprojekte zu starten, müssen wir unsere bereits bestehenden Kontakte und Partnerschaften nutzen. Wir müssen auf die Menschen in den Unternehmen zugehen und deren aktuelle, ganz persönliche Perspektive sowie deren Bedürfnisse in Gesprächen erfassen, um daraus individuell passende Konzepte und Projekte zu entwickeln. Statt auf Basis von aus Daten generierten Annahmen zu agieren, hören wir unseren Kunden also erst einmal zu. Und weil diese uns vertrauen, erlauben sie uns auch, ihre Daten zu speichern.
Mehr Effizienz im Vertrieb, trotz opt outs
Viele Unternehmen stellen fest, dass sie ihre bisherigen Vertriebs-Prozesse beim Kundenangang überarbeiten müssen. Dabei befürchten sie, dass bei einem möglicherweise notwendigen „Nachqualifizieren“ von Kontakten die Zahl von opt outs ansteigen könnte. Doch wäre das tatsächlich so schlimm? Denn platt gesagt: Dann weiß man wenigstens woran man ist. Man weiß, welche der Kontakte und Kunden sich tatsächlich für die Leistungen und Produkte des Unternehmens interessieren, auf welche man sich also verkäuferisch fokussieren kann. Hierdurch kann der Vertrieb nicht verlieren, vielmehr gewinnt er, und zwar an Effizienz. Zum Beispiel kann er die Kundenansprache stärker individualisieren und mit genau an Kunden angepassten Mehrwerten und Informationen zum Aufbau einer engen und vertrauensvollen Beziehung beitragen.
Mehr dazu:
Vertriebsmanager.de: Die Datenschutzgrundverordnung: Rückenwind für den Vertrieb?
Frankfurter Allgemeine Zeitung: Selbst Anwälte sind ratlos über die neuen Datenschutzregeln