Ob man sich um einen neuen Job bewirbt oder bei Neukunden auf Interesse stoßen möchte: Referenzen und Empfehlungsschreiben wirken (manchmal) Wunder. Sie sind subjektiv formuliert, bieten konkrete Erfolgsbeispiele statt Standardphrasen und sind daher – sei es in Bewerbungen oder in der Unternehmenspräsentation – ein beliebtes Mittel, um sich richtig in Szene zu setzen, besonders auch gegenüber den Mitbewerbern.
Doch wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, das weiß selbst der Laie. Wichtig ist daher, egal in welchem Kontext, dass man unterstützende Mittel wie Referenzen richtig, und das heißt wohldosiert und –überlegt einsetzt. Besser als eine (buchstäblich) blendende Show aus wahllos aneinandergereihten „Erfolgsstories“ wirkt auf die meisten Menschen eine gut vorbereitete, realistische Selbstpräsentation und Einschätzung der eigenen Stärken. Das beste Best Practice-Beispiel und die am geschliffensten formulierte Referenz helfen nichts, wenn sie nicht zum Interesse des Adressaten bzw. der Zielgruppe passen.
Und so wichtig diese zusätzlichen Mittel sind, sie funktionieren nur im Zusammenhang mit einer auch ansonsten kohärenten Darstellung. Gerade wenn es gleichzeitig auch berechtigte Gründe für kritische Fragen und Zweifel gibt, können allzu glänzende Referenzen und geschönte Unterlagen dazu herausfordern, den Pferdefuß zu finden. Zum Beispiel bei einer Bewerbung: Was ist unangenehmer, als dass das Vorstellungsgespräch zum Kreuzverhör mutiert, nur weil man im Lebenslauf den „Mut zur Lücke“ bewiesen hat – aus Angst vor negativen Interpretationen? Genau in diese Lücke wird mit Sicherheit hineingefragt. Mangels Vorbereitung und in dem Gefühl bei etwas Unrechtmäßigem entdeckt worden zu sein, reagieren dann die meisten wenig souverän und defensiv – und vermasseln sich so ihre Chancen. Eigentlich sind Pleiten oder schwierige Phasen aber gar nichts Unrechtmäßiges und zu Verheimlichendes, denn sie gehören zum Leben, auch zum Berufsleben. Das heißt nun keineswegs, dass bei Bewerbungs- oder Kundenterminen nach dem Prinzip „schonungslose Aufklärung“ vorgegangen werden sollte. Negatives auf dem Präsentierteller zu servieren ist unklug und sich von der besten Seite zu zeigen ist und bleibt selbstverständlich die oberste Maxime. Aber es schadet überhaupt nicht, eine gelassene und selbstbewusste Haltung und Einschätzung zu sich selbst als Person oder als Unternehmen zu entwickeln, ohne deshalb „schwarze Flecken“ völlig ausblenden zu müssen. Schließlich zeigt sich daran letztendlich auch, dass man in der Lage ist, sich am eigenen Schopf aus dem Schlamassel zu ziehen und neu anzufangen. Warum sollte man dann nicht auch zukünftigen Gewittern trotzen können?
Gleichzeitig sind Personalverantwortliche und sonstige Entscheider gefordert, das Erfolgsversprechen eines potentiellen, neuen Mitarbeiters oder Projekts nicht gleich in Frage stellen, nur weil in der Vergangenheit nicht alles rund lief. Genauer betrachtet ist das nur auf das Ergebnis einer Arbeit fokussierte Kriterium „Erfolg“ nämlich gar nicht ausreichend, um Qualität und Potential von Bewerbern oder Unternehmensleistungen im Hinblick auf eine bestimmte Position tatsächlich einzuschätzen. Interessanter wäre dagegen, Fragen zu stellen wie: Wie kam es zu der Entwicklung, was waren die ursprünglichen Ziele und welche Rolle wurde dabei gespielt? Aus wessen Sicht und für wen war es ein Misserfolg? Kam es dazu wirklich aus grobem Fehlverhalten oder spielten evtl. noch andere, nicht in der Macht des Einzelnen oder des Unternehmens liegende Gründe mit?
Es ist paradox: Charakterstärke, Durchsetzungskraft und Resilienz wachsen und beweisen sich gerade in schwierigen Zeiten und sie sind gute „Mitbringsel“ zukünftiger Führungskräfte. Gleichzeitig soll aber deren Lebenslauf nach gängiger Auffassung möglichst kein „Zeichen der Schwäche“ oder gar Umwege aufweisen. Kein Wunder, dass solche vorsichtshalber lieber unterschlagen werden! Dabei eröffnen sich gerade an „Ecken und Kanten“ viele Ansatzpunkte für ein interessantes Gespräch: Kämpft jemand gern als Einzelkämpfer oder sucht und findet er Unterstützung im Team bzw. in Kooperationen? Hat er einen hohen Anspruch an sich selbst und wie ist sein Selbstbild? (Wie) hat er es bisher geschafft, das „Ruder wieder herumzureißen“? Wichtig auch zu beachten: Ob etwas als Scheitern empfunden und gesehen wird, ist durchaus Ansichts- und Typsache. Die überaus Selbstkritischen und Gewissenhaften zum Beispiel erkennen ein solches bei sich bereits dort, wo andere sich noch applaudieren würden. Und wer immer brav bei seinen Leisten bleibt und bei Entscheidungen vorwiegend auf Sicherheit setzt, läuft zwangsläufig weniger Gefahr zu stolpern, als der Pionier und Visionär, der es, völlig unabhängig vom Urteil und den Bedenken anderer, immer wieder wagt, ins Unbekannte aufzubrechen (umso hämischer ist danach meist die Reaktion der anderen, wenn etwas schiefläuft).
Ist der bisherige Weg also nicht immer geradeaus und steil bergauf verlaufen und will man seine Chancen bei Personalabteilungen oder Kunden verbessern, heißt es, zum eigenen Profil zu stehen UND sich gezielt zu überlegen, welche Referenzen oder Empfehlungen unterstützen könnten. Und sich wenn möglich Ansprechpartner zu suchen, die vom gleichen Schlag sind bzw. in ihrem eigenen Team bereits von einem gesunden Miteinander verschiedener Persönlichkeitstypen, Erfahrungshorizonte und Perspektiven profitieren. Dort gibt es dann vielleicht auch eine Chance auf den zweiten Blick.
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