Wo war ich stehengeblieben? – Nirgends…wollte ich das?

Wo war ich stehengeblieben? – Nirgends…wollte ich das?

Warum es so unwiderstehlich ist, always on zu sein

Sie kommen jeden Tag ins Büro, arbeiten nacheinander alle Ihre Aufgaben ab, fahren am Feierabend pünktlich den PC herunter, gehen fröhlich nach Hause und legen die Füße hoch. Ach, echt!?

Bestimmt ist es eher so: Sie kommen ins Büro, fahren den PC hoch und wollen loslegen mit Ihrem für heute gepanten Tagwerk. Da klingelt das Telefon. Ihre Chefin braucht ganz dringend noch Änderungen an der Präsentation. Während Sie noch telefonieren, lesen Sie im internen Chat und notieren sich ein paar To Dos. Nachdem Sie aufgelegt haben, checken Sie kurz Ihren Outlook-Kalender: Drei Webkonferenzen heute, ein Telefonat mit einem wichtigen Kunden und um 17 Uhr ein privater Arzttermin. Im Email-Postfach zig Emails, einige davon als „dringend“ gekennzeichnet. Eine Unzahl an „Statusmeldungen“ aus dem CRM-Tool, die Sie an Unerledigtes erinnern. Den Reminder aus Outlook klicken Sie weg. Nun aber an die Präsentation… da geht die Tür auf und die Kollegin kommt mit großem Hallo aus dem Wochenende. Sie lassen sich auf ein kleines Schwätzchen ein, gehört ja schließlich auch dazu.

Wie geht der Tag wohl weiter? Wahrscheinlich verzichten Sie irgendwann auf die Mittagspause und sagen Ihren Arzttermin ab, weil es mal wieder nicht ohne Überstunden geht.  Zum Glück warten aber auch zu Hause unbegrenzte Möglichkeiten online weiterzumachen: Gleich nach dem Abendbrot geht’s nochmal an den PC, in aller Ruhe, die Sie den ganzen Tag im Büro nicht hatten. Wäre da nicht das ständige pling aus der WhatsApp-Gruppe des Vereins, in dem Sie Vorsitzende/r sind…

Einfach abschalten? Der Tipp greift längst zu kurz! 

Um der täglichen Informationsflut zu entgehen und zielorientiert „in die Pötte“ zu kommen, empfiehlt der klassische Zeitmanagement-Ratgeber wolkig, alle Störfaktoren auszuschalten und sich „einfach“ mal nicht ablenken zu lassen. Klingt logisch. Man kann „einfach“ im Team verkünden, man wolle einige Zeit ungestört arbeiten. Man kann sich selbst disziplinieren, sich nicht auf Chats und Schwätzchen einlassen, das Telefon leise stellen, sämtliche Benachrichtigungen ausstellen und stur der Aufgabenliste folgen. Manchmal funktioniert das und gesünder wäre es, ohne Zweifel.

Aber wenn es so kinderleicht ist, warum gelingt es dann trotzdem immer weniger Leuten, sich, ob im Alltag oder privat konzentriert, anhaltend und vertieft mit einem Thema zu befassen? Warum passt das Aufgabenpensum bei vielen Mitarbeitern nicht mehr wie früher in den Tag, trotz aller digitalen Hilfsmittel? Egal, ob die reguläre Arbeitszeit bei 4 oder 14 Stunden täglich liegt – „gefühlt“ bleibt immer etwas liegen.

Diese Erscheinung lässt sich wie so vieles schnell und „einfach“ damit begründen, dass heute eben alles schneller geht und komplexer wird. Dass Mitarbeiter mit der allgemeinen Beschleunigung und stetig wachsenden Anforderungen klarkommen müssen, dass es oft an Personal mangelt. Vielleicht greifen diese Begründungen aber auch zu kurz und der Hase liegt noch ganz woanders im Pfeffer: Nämlich bei uns selbst, in unserem Selbstverständnis als digital vernetzte und informationsüberstreamte Menschen: Können und wollen wir das überhaupt noch, uns zurückziehen, abschalten und auf eine Sache fokussieren? Oder, andersherum gefragt: Warum können und wollen wir das nicht mehr?

Der Tipp, sich nicht von Smartphone & Co. ablenken zu lassen, ist heute ungefähr so zielführend, als riete man einem Alkoholiker, er solle am besten „einfach“ mal auf Alkohol verzichten. Schließlich ist es normal und sogar sozial (!) geworden, über das Digitale allzeit beteiligt und up to date zu sein. Bis zu 150 Mal pro Tag berühren Otto Normal und Lieschen Müller heute ihre Smartphones. Für diejenigen, die Auswirkungen auf die Gesundheit, mentalen und soziale Fähigkeiten oder ihr Privatleben spüren, stehen Entwöhnungs-Apps und Digital Detox-Wochenenden bereit. Und für die meisten anderen ist der Leidensdruck nicht hoch genug, um eine so liebgewordene Gewohnheit in Frage zu stellen.

Wir lieben es und wollen es nicht anders!

Warum wir dem Charme des always on nicht widerstehen können? Weil es praktisch ist, weil wir schnell und smart unterwegs sein wollen und manchmal müssen. Aber auch, weil es sich wunderbar eignet, um unseren inneren Antreibern gerecht zu werden. Von Kindesbeinen an agieren wir als ihre Sklaven und gehorchen ihren Parolen: „Sei perfekt!“, „Sei schnell!“ oder „Mach es allen recht!“ usw.. Oft völlig unbewusst nutzen wir jede Gelegenheit, uns damit uns selbst und anderen zu beweisen. Und dafür braucht es eine Bühne, eine Mission, wo wir uns in unserer Kunstfertigkeit zeigen können.

Beim Profi-Kellner mag es die Höhe des wieselflink balancierten Tellerstapels und die Anzahl der gleichzeitig bedienten Kaffeehaustische sein. In der digitalisierten Welt ist es die Präsenz auf virtuellen Plattformen, das ständige Beteiligtsein und Mitquatschen auf mehreren „Baustellen“ gleichzeitig, der offen zur Schau getragene Stress und die ständige Ansprech- und Verfügbarkeit. Alles, was nach zeitlicher challenge, jeglicher Form von management und souveränem multi-tasking der Superlative aussieht, kommt uns gelegen, um unseren Antreibern gerecht zu werden.

Wenn es im Arbeitsumfeld an Möglichkeiten der persönlichen Identifikation und Sinnerfüllung mangelt (was immer häufiger der Fall ist), ist die Aktivität auf verschiedensten Kanälen und Baustellen eine tröstliche Chance: Hier können wir uns profilieren und Bedeutsamkeit und Relevanz unseres Handelns und unserer Äußerungen rund um die Uhr erleben. Hieraus schöpfen wir Sinn und Motivation – und deshalb können wir es so einfach nicht lassen!

Außerdem haben wir in den Industrienationen unser Selbstverständnis und unseren Leistungsbegriff schon lange vor der digitalen Revolution so sehr an das „Niemals-Stillestehen“ gekoppelt, dass nichts gelegener kommt, als die digitale Möglichkeit, dieses Prinzip der Aktivität 24/7 nach außen tragen können – wie sollten wir uns da bedenkenlos abschotten und offline im stillen Kämmerlein vor uns hin „wurschteln“? Wie sähe das denn aus: „ohne Status“, uninteressant, unsichtbar, unerreichbar, uninformiert, unengagiert, womöglich sogar ungeliked!? Eine unbehagliche Vorstellung. So gesehen ist es wahrscheinlich, dass aus dem Abschalten und sich in Klausur begeben nicht ein Plus an Konzentration, sondern vor allem eines an Stress entsteht. Der wiederum versetzt uns bekanntlich in den Fluchtmodus… also schnell wieder das Smartphone gezückt.

Fazit

Für mehr Zufriedenheit und besseres Zeitmanagement ist kalter Entzug bzw. aktiver Rückzug aus dem digital gesteuerten Aufgaben-Inferno nicht mehr die beste, sondern eher eine Lösung unter „ferner liefen“. Rückfall garantiert. Was können Sie stattdessen tun, um gesund zu bleiben? Um zum Beispiel pünktlich zum Feierabend den PC herunterzufahren, fröhlich nach Hause zu gehen und die Füße hoch zu legen?

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Im digitalen Dauerfeuer: Die besten Überlebens-Tipps

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